Spurenstoffe in der Erpe

2022 wird als das wärmste Jahr  seit Beginn der Wetteraufzeichnungen in die neuere Geschichte eingehen. Auch unser Erpetal wurde davon nicht verschont. Rund 3 Monate war die Erpe/Neuenhagener Mühlenfließ von Hoppegarten bis zum Zusammenfluss mit dem Klärwerksableiter oberhalb der Heidemühler Brücke ausgetrocknet (Foto). Da waren es dann 100% Klarwasser (gereinigtes Abwasser)  in der Erpe. Im Umkehrschluss heißt das aber auch - ohne die Kläranlage  wäre die Erpe von Hoppegarten bis zur Spreemündung trocken gefallen!!!

Bei der Klärwerksbesichtigung konnten wir uns  davon über-zeugen, dass das Klarwasser optisch sauber die Kläranlage verläßt. Immerhin 35-40 Tm³ täglich. Auch wissend bzw. erfahrend, das mit einer mechanisch-biologischen Abwassereinigung im Klärwerk Münchehofe nicht alle Inhaltsstoffe abgebaut bzw. zurückgehalten werden können. 

Wir wollten von den Wissenschaftlern des Leipniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) wissen, welche Auswirkungen das auf die Erpe, die Sedimente oder das Grundwasser hat.  Im Rahmen von Grundlagenforschungen führt das IGB seit Jahren Untersuchungen an ausgewählten Arzneimittelrückständen und Industriechemikalien (Spurenstoffe) durch. Das Interesse gilt dabei besonders   der Abbaubarkeit im Gewässer oder dem Sediment. 

Deshalb haben wir zu einer öffentlichen Veranstaltung in den Gemeindesaal eingeladen. 35 Interessierte, vorwiegend Nabumitglieder aus Hoppegarten und Neuenhagen sind der Einladung gefolgt. Nach einer kurzen Einführung durch Klaus, unseren Vorsitzenden und Vorstellung der beiden Referenten, Herrn Jörg Lewandowski und Herrn Christoph Reith von der Abteilung Ökohydrologie und Biogeochemie ging es auch schon los - mit einem Quiz! Abgefragt wurden Begriffe aus der Gewässer- und Abwasserkunde. Gewonnen hat Felix Grützmacher von unserem  Nabu-Regionalverband; ein Buch.

Als organische Spurenstoffe wurden Arzneimittelrückstände (z.B. Dichlophenac), Röntgenkontrastmittel, Industrie- und Haushaltschemikalien (z.B. Rostschutzmittel aus Spümaschinentabs, Weichmacher), Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmittel (z.B. Glyphosat), Tenside aus Waschmitteln oder Chemikalien des täglichen Gebrauchs (z.B,  künstliche Süßstoffe, Nikotin) analysiert. Die Dunkelziffer ist dabei sehr hoch, da es für den Großteil der möglichen chemischen Stoffe noch keine Daten oder keine Nachweismethoden gibt. 

Die Bedeutung der Grundlagenforschung besteht darin, die Wirkmechanismen bzw. das Abbauverhalten im Gewässer zu erkennen, da diese Spurenstoffe über das Abwasser in öffentliche Gewässer oder das Grundwasser gelangen und mit dem Grundwasser wieder in unser Trinkwasser.

Das Resümee war ziemlich ernüchternd. Die untersuchten organischen Spurenstoffe werden in Kläranlagen und Fließgewässern nur mäßig zurückgehalten. Die Selbstreinigungskraft der Flüsse in Bezug auf die organischen  Spurenstoffe ist begrenzt! 

Bürger und Industrie müssen mehr Verantwortung übernehmen bei der Forschung, Produktion, beim Verbrauch und der Entsorgung. Nach dem Motto - weniger ist mehr!

Bei den Kläranlagen ist es genau umgekehrt, es sind weitere Reinigungsstufen zu installieren, wie Ozonisierung, Aktivkohleadsorption und Phosphatelimination. Für das Klärwerk Münchehofe soll bis 2025 eine 4. Reinigungsstufe in Betrieb genommen werden. Eine 100% ige Entfernung wird aber auch dann nicht möglich sein.

Anschließend wurde lebhaft diskutiert. Es wurden Fragen gestellt nach der toxikologischen Relevanz, fehlenden interdisziplinärem Austausch der Forschungsergebnisse mit den anderen Fachabteilungen des IGB oder wer die Forschungen finanziert. Zum Abschluss wurde den Referenten für Ihre interessanten Ausführunge gedankt und unser Fotokalender vom Erpetal überreicht.

Es soll eine Fortsetzung geben, wenn Erkenntnisse zur Abwassereinleitung durch die Fa. Tesla in Grünheide oder der 4. Reinigungsstufe vorliegen.